Erkenntnisse für das Überleben in Märkten mit Ressourcenengpässen und volatilen Preisentwicklungen (im Hochbau)

Der Bau- und Immobilienmarkt hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Dies zeigt  sich insbesondere in folgenden Punkten:

  • Die Märkte für Planungs- und Bauleistungen sind – speziell im Hochbau und ganz besonders bei den technischen Gewerken – von erheblichen Ressourcenengpässen in allen Bereichen geprägt.
  • Die Marktpreise für Hochbauleistungen, speziell für das Planen und Bauen technischer Anlagen haben sich zum Teil erheblich über die bestehenden Kosteneinschätzungen der Auftraggeberorganisation entfernt.
  • Bei Planungsaufträgen großer Projekte ergeben sich ebenfalls erhebliche Mehrkosten durch die angespannten Planungskapazitäten und Verengung des Marktes.
  • Generalunternehmerleistungen bei funktionalen Vergaben sind kaum noch bezahlbar oder am Markt gar nicht vorhanden. Die Einzelgewerkvergabe hat angesichts der Gefahr des Fehlschlagens von Beschaffungsbemühungen zu einzelnen Gewerken mit erheblichen Störpotenzialen zu rechnen.
  • Projektentwicklungsunternehmen konnten die Risiken steigender Baupreise bisher angesichts ebenfalls überproportional steigender Veräußerungspreise für Immobilien kompensieren. Damit ist in der Zukunft nicht mehr zu rechnen.

Diese Diagnose in den Baumärkten bedarf eines speziellen Ansatzes in der Projektrealisierung und besonderer Anforderungen an das Projektmanagement. Diese werden in 10 Thesen strukturiert.

  1. Die Bewältigung des Bauens in Märkten mit Ressourcenengpässen und volatiler Preisentwicklung stellt hohe qualitative Ansprüche an die Projektleitungen der Auftraggeber und die organisatorische Abwicklung von Projekten – es ist kein Platz mehr für Amateure!
  2. Die gutsherrenartige Projektabwicklung ist passé. In Zeiten der Ressourcenengpässe hat der Auftraggeber an seinem guten Ruf zu arbeiten und muss für Auftragnehmer attraktiv sein.
  3. Robuste Projektstrukturen mit erfahrenen Marktteilnehmern, eingeführten Prozessen sowie ausreichenden Zeit- und Kostenpuffern sind erforderlich.
  4. Rein preisorientierte Beschaffungsstrategien haben ausgedient. Sorgfältige Markterkundungen und qualitätsorientierte Beauftragungen müssen das Ziel sein.
  5. Die Zeit überlanger Vertragskonstrukte und Ausschreibungsbedingungen ist vorbei. Knapp, aber eindeutig formulierte und auf Branchenstandards fußende Vertrags- und Leistungsanforderungen sind erforderlich.
  6. Komplexe Bauprojekte, insbesondere Investorenprojekte, erfordern das Vorziehen wesentlicher Entscheidungen in eine vertiefte Vorplanung (Architektur, Kosten, Termine). Für die Projektentwicklung wird die Flexibilisierung der Ablieferungstermine an Investoren zunehmend an Bedeutung gewinnen.
  7. Dem Dilemma der Ressourcenengpässe ist mit der Wahl der Unternehmereinsatzform nicht beizukommen. Die Störungsanfälligkeit bei Einzel- und Paketvergaben korrespondiert in diesen Zeiten mit einem oft gar nicht vorhandenen Markt für GU-Leistungen oder Zusatzkosten ohne entsprechenden Wertzuwachs.
  8. Mit deterministischen Abwicklungsmodellen ist der Herausforderung nicht gerecht zu werden; flexible und agile Managementstrategien, auch für das Vertragswesen, etwa Rahmenverträge, GU-Stufenmodelle, Partneringverträge und frühe Beteiligung ausführender Unternehmen, müssen situativ eingesetzt werden.
  9. Bauen wird riskanter. Risikomanagement wird zentrale Aufgabe der Projektabwicklung.
  10. Eine Neuausrichtung des Projektcontrollings und der maßgeblichen Kennzahlen wird erforderlich: Value Engineering, engmaschige Leistungsfortschritts- und Zufriedenheitskontrollen, Szenario- und Exit-Betrachtungen sind unentbehrlich.

Sie hierzu auch der Beitrag des Verfassers in der Immobilienzeitung vom 04.10.2018.