Kommunikation und Projektmanagement

Tagungsbericht der Jahrestagung 2019 in Stuttgart

Quelle: Deutsche Bahn

Kommunikation und Information ist das Herzstück des Projektmanagements. Strategien zur Sicherstellung eines projektangemessenen Kommunikationsstandards sind jedoch schwer aufzufinden. Grund genug für die 1WVPM, diesem Themenkreis die 2019er Jahrestagung zu widmen. Und zwar vor Ort des Projektes Stuttgart 21, dessen Projektverlauf seit langer Zeit Anlass zu kontroversen Diskussionen in der Öffentlichkeit bietet.

So bot ein Vortrag der Deutschen Bahn den Auftakt,der bis ins Jahr 1988 zurückblickte und dabei auch deutlich machte, auf welche Weise Projekt und Kommunikation einander verlieren können und wie die Kommunikation durch ungünstige Wahl der Botschaften leiden kann. Vielfach ist gar nicht bekannt, dass – auch bezüglich der Kosten – unter „Stuttgart 21“ allgemein der Hauptbahnhof verstanden wird, während das Projekt z. B. auch eine neue Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Ulm umfasst.

Aus Sicht der Wissenschaft bieten die Auseinandersetzung mit den Gründen für Proteste wichtige Ansatzpunkte für eine zielgerichtete Kommunikation. „Unklarer Nutzen“ ist ein typischer Beweg-Grund für Proteste, der gleichzeitig verdeutlicht, wie schnell Kommunikationsmöglichkeiten immer wieder „verschenkt“ werden. Unter Hinweis auf die VDI 7001 bietet eine frühzeitige, dauerhafte, sorgfältig geplante und in ihren Instrumenten koordinierte Kommunikation einen hohen Nutzen zu einem vernachlässigbaren Kostensatz von deutlich unter 1 % der Projektkosten.

Sodann ging es mit der Frage „Wie lässt sich Kommunikation noch besser denken und umsetzen?“um die praktische Umsetzung in Infrastruktur- und Großprojekten. Der Verweis auf geltendes Recht oder politische Aufträge reicht angesichts einer konstant hohen Protestbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger längst nicht mehr. Wird dies zu spät erkannt, läuft das Projekt ins „Beteiligungs-Paradoxon“ hinein, bei dem Stakeholder erst in dem Moment beteiligt werden, in dem Änderungen kaum noch möglich, in jedem Fall jedoch sehr kostspielig werden. Dies lässt sich nur durch eine zeitgemäße Projektkommunikation vermeiden, die auch neue Medien einbezieht.

Moderne Technologien bieten neue Möglichkeiten, die Planungen der Zukunft von den Reißbrettern der Ingenieure für jedermann zugänglich, und Projekte damit verständlicher zu machen. Solche Entwicklungen finden auch innerhalb der Projekte statt, wenn etwa Projektbesprechungen nicht mehr am Besprechungstisch, sondern in Form von Treffen im virtuellen Modell stattfinden, bei denen sich die Teilnehmer gemeinsam im Modell bewegen und dabei einander „sehen“.

Die anschließende Besichtigung des Besucherzentrums der Deutschen Bahn im Turmforums hat gezeigt, wie gute Projektkommunikation heute aussehen kann: Von Empfang und Organisation über die thematisch aufgebauten Stockwerke bis hin zum angebotenen Informationsmaterial werden Interessierte vielfältig angesprochen und mitgenommen und erhalten sehr gut aufbereitete Informationen für ein besseres Projektverständnis. Dasselbe gilt für die Erklärungstafeln an all den Stellen im Bahnhof, von denen aus die Baustelle eingesehen werden kann. Die Begehung der unmittelbar nördlich des Bahnhofs anschließenden Tunnelbaustelle bildete den Abschluss dieser gelungenen Jahrestagung.

Auch in diesem Jahr wurden die wesentlichen Erkenntnisse gemeinsam im Teilnehmerkreis herausgearbeitet und im Nachgang vom Vorstand in 10 Thesen zusammengefasst. Die Tagungsunterlagen stehen Mitgliedern zum Download zur Verfügung.