Partnering- und Alliancing- Modelle als Zukunftsbild? – Contra!

Integrierte Projektabwicklungsmodelle sind in aller Munde und scheinen die Lösung für Abwicklungsprobleme von Großprojekten zu sein. Aber ist das wirklich so? Um der Antwort auf diese Frage etwas näher zu kommen, hat der Vorstand der 1WVPM zur diesjährigen Jahrestagung einen Referenten gesucht, der bewusst eine Kontraposition einnimmt. RA Dr. Walter Klein hat die Herausforderung angenommen und seinen Vortrag in nachfolgendem Beitrag zusammengefasst.

Bei der Abwicklung von (Groß-)Bauvorhaben treten regelmäßig „Störfälle“ auf, die zu Mehrkosten und einer längeren Bauzeit führen. Die Ursachen sind vielfältig: neben „unehrlichen“ Kostenbudgets gehört hierzu u.a. eine verfrühte Vergabe von Bauleistungen auf einer unzureichenden Planungsgrundlage. Dies eröffnet Änderungsbedarf und damit Nachtragspotenzial. Hiermit sind oft Mehrkosten und eine längere Bauzeit verbunden. Ob dies mit neuen Vertragskonzepten partnerschaftlicher Projektentwicklung, insbesondere Mehrparteienverträgen in Form von Allianzmodellen, besser gelöst werden kann, erscheint fraglich.

1. Rechtliche Einordnung: BGB-Gesellschaft oder Austauschvertrag?

Zunächst ist die rechtliche Einordnung von solchen Verträgen unklar. Diese hängt nicht von der Bezeichnung oder den Vorstellungen der Parteien, sondern vom materiellen Inhalt ab. Ob diese dazu führt, den Mehrparteienvertrag als Austauschvertrag (Bauvertrag) mit kooperativen Elementen, als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder als Vertrag eigener Art einzuordnen, kann nicht generell beantwortet werden – weil es weder einen Standardvertrag noch den „einen“ Mehrparteienvertrag gibt. Weiter kann die Vertragsprüfung der AGB-Kontrolle unterliegen. Bei Abweichungen von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken des Gesetzes können einzelne Regelungen als unwirksam eingestuft werden. Dies führt zu Rechtsunsicherheiten. Solche Unsicherheiten bestehen beim Austauschvertrag nicht.

2. Was heißt Kooperation – und wer muss kooperieren?

Zentraler Baustein für Partnering- und Alliance-Modelle ist die Kooperation der Beteiligten. Wie diese aussehen soll, müssen die Parteien vereinbaren. Zwar erkennt die Rechtsprechung des BGH die Pflicht der Parteien zur Kooperation an – inhaltliche Vorgaben macht sie jedoch nicht: es gibt keine Systematik von Tatbestand und Rechtsfolge. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu beschränkt sich bislang auf die Feststellung, dass die Einstellung der Kommunikation nicht partnerschaftlich ist.

Weiter ist erforderlich, dass die relevanten Beteiligten auf allen Ebenen fähig und bereit sind. Dies ist nicht nur horizontal, sondern auch vertikal im Verhältnis zu Nachunternehmern sicherzustellen. Es hilft nicht, wenn die oberen Management-Ebenen sich die Partnerschaft zusagen und leben, wenn der ausführende Nachunternehmer blockiert. Partnerschaftliches Verhalten braucht einen Rahmen, den die Parteien mit entsprechenden Vorgaben schaffen müssen. Ob es sich dabei um einen Mehrparteienvertrag oder einen Austauschvertrag handelt, ist nicht relevant.

3. Streitverbot

Soweit in der baurechtlichen Literatur über ein „Streitverbot“ zwischen den Beteiligten nachgedacht wird, müssen auch hier alle Beteiligten (einschl. Nachunternehmer) einbezogen werden. Dies gilt an dieser Stelle ausdrücklich auch für etwaige Haftpflichtversicherer. Statt eines Streitverbots, welches sich nicht ohne weiteres praktizieren lässt, erscheint es vorzugswürdig, verschiedene Stufen der Eskalation zu implementieren, bevor es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt. Dies kann auch im Austauschvertrag erfolgen.

Durch eine frühzeitige Bindung der relevanten Beteiligten kann der Planungsprozess optimiert werden; Planungs- und Kostensicherheit sind die Folge. Dies kann in einem Bauvertrag ebenso erfolgen wie in einem Mehrparteienvertrag. Gleiches gilt für die Risikoverteilung: es steht den Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit frei, wer welchen Risiko übernimmt.

Der Mehrparteienvertrag erweitert das Spektrum der rechtlichen Möglichkeiten. Er mag auch bei geeigneten Konstellationen angewendet werden. Allerdings sollte nicht davon ausgegangen werden, dass die bei der Abwicklung von Bauvorhaben auftretenden Probleme gelöst werden können. Ungeachtet der Tatsache, dass neue Probleme auftreten, ist nicht abgesichert, dass die bestehenden Probleme gelöst werden.

Dr. Walter Klein
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Loschelder Rechtsanwälte, Köln